Digitaltage: Generationsübergreifendes Medientraining

In einer Zeit, in der viele Kinder und Jugendliche mehr Zeit vor Bildschirmen digitaler Medien verbringen als in der Schule, ist es wichtiger denn je, sich mit den Auswirkungen dieser Entwicklung auseinanderzusetzen. Die Digitaltage der Mansfeld-Löbbecke-Stiftung boten eine wertvolle Gelegenheit, um über die Nutzung von Plattformen wie WhatsApp, Instagram, TikTok und Fortnite zu diskutieren. Welche Folgen hat die extensive Bildschirmzeit für die jungen Menschen? Wie können sie das Internet sicherer nutzen? Und welche Chancen und Risiken bringen neue Technologien wie Künstliche Intelligenz und Virtual Reality mit sich?

Am Nachmittag des ersten Tages waren Kinder und Jugendliche aus den Wohnangeboten der Stiftung zu Workshops eingeladen, am nächsten Morgen die Schüler*innen der Dr. David Mansfeld-Schule. Medientrainer Julian Bühler aus dem Team von Daniel Wolff, Autor des Ratgebers „Allein mit dem Handy“, legte ein besonderes Augenmerk darauf, den Teilnehmenden ohne Vorbehalte zu begegnen, um einen Raum zu schaffen, in dem sie offen von ihren Erfahrungen berichten und Unsicherheiten zum Ausdruck bringen konnten. Schnell zeigte sich: Schon die Jüngsten werden im Netz mit verstörenden Inhalten konfrontiert. Aus Angst vor Sanktionen behalten sie solche Eindrücke jedoch häufig für sich, anstatt sich erwachsenen Bezugspersonen anzuvertrauen.

Aus „Allein mit dem Handy“ von Daniel Wolff

Doch nicht nur Gewaltdarstellungen oder pornographische Inhalte überfordern junge Internetnutzer*innen. Bühler besprach deshalb verschiedene Apps und deren Tücken mit den Workshop-Teilnehmer*innen. In WhatsApp-Gruppen wie Klassenchats sind sie oft mir einer unglaublichen Fülle an Input konfrontiert. „Da kommen manchmal mehr als 1.000 Nachrichten am Tag. Ich kann die nicht alle lesen, aber ich will auch nichts verpassen“, beschreibt Florian (13) das Dilemma. In zunächst kostenlosen Online-Spielen wie Fortnite werden die Spieler*innen zu In-App-Käufen verführt. „Mein Onkel hat für mich schon mehr als 500 Euro in Fortnite ausgegeben“, berichtet ein 12-Jähriger. Und auch auf die zweifelhaften Ideale, die Influencer*innen zum Beispiel bei Instagram vermitteln, ging Bühler ein: „Es ist wichtig zu wissen, dass dort viel geschauspielert wird. Der teure Sportwagen, der vorgeführt wird, ist vielleicht einfach nur geliehen.“ In den Einheiten mit älteren Jugendlichen sensibilisierte der Medientrainer vor allem für Hate Speech und Fake News.

Die Rückmeldungen aus den Workshops flossen am Nachmittag des zweiten Tages dann direkt in die Fortbildung für etwa 50 Mitarbeitende ein. Gleich zu Beginn stellte Bühler klar, dass Kinder und Jugendliche Erwachsene nicht als kompetente Ansprechpartner zum Thema Medien sehen würden: „Sie werden einfach nicht ernst genommen!“ Deshalb sei es um so wichtiger zu verstehen, was junge Menschen an Smartphone und Co. so fasziniert und was sie in den digitalen Welten erleben. So entwickelte sich ein lebhafter Austausch mit Lehrkräften und Betreuenden aus den Wohnangeboten. Peter Lüdtke sprach sich für Zugangsbeschränkungen zu Sozialen Medien nach australischem Vorbild aus und fragte: „Gibt es dazu auch Überlegungen in Europa?“ Solche Debatten würden derzeit weniger in der Politik geführt, erklärte Bühler: „Die werden vor allem von Elternverbänden angestoßen, zum Beispiel zum Verbot von Smartphones in der Schule.“

Zu einigen Fragestellungen gab der Experte konkrete Tipps: „Kinder müssen über das Recht am eigenen Bild informiert werden. Sie dürfen widersprechen, wenn Fotos von ihnen gemacht und weiterverbreitet werden.“ Um Nutzungszeiten und den Druck der ständigen Erreichbarkeit zu verringern, sollte das Smartphone niemals nachts am Bett liegen. Betreuungspersonen sollten sich zudem immer über Altersempfehlungen informieren, auch wenn diese leicht umgangen werden könnten: „YouTube ist zum Beispiel erst ab 16 Jahren, aber auf vielen Geräten schon vorinstalliert.“

Abschließend skizzierte Bühler noch die Herausforderungen, die sich durch die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz ergeben. „Wir leben eigentlich schon jetzt in einer Science Fiction!“ Diese Feststellung verdeutlichte noch einmal die Notwendigkeit für pädagogische Fachkräfte, sich kontinuierlich fortzubilden und im Kontakt zu den betreuten jungen Menschen zu bleiben.



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