Jubiläumsempfang in Wolfenbüttel

Vor fast genau 190 Jahren, im Dezember 1833, gründeten David Mansfeld und Amalie Löbbecke gemeinsam mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern die heutige Mansfeld-Löbbecke-Stiftung. Dieses Jubiläum wurde nun in Wolfenbüttel mit einem großen Empfang und Bundespräsident a. D. Joachim Gauck als Ehrengast gefeiert. Rund 400 Gäste besuchten die Veranstaltung in der Lindenhalle.

Zu Beginn führte ein Animationsfilm durch die Geschichte der Stiftung. Die Bilder von der Gründungszeit bis in die Gegenwart wurden durch Kinder aus den Wohnangeboten kommentiert. Es war bewegend, wie sie etwa die Not während des Zweiten Weltkriegs nachempfanden. Die Leiden von Kindern in der Vergangenheit verknüpften sie eindrucksvoll mit ihrer eigenen Situation, ihren Ängsten und Hoffnungen. Noch beim anschließenden Klavierspiel war das Publikum spürbar berührt. Neben politischen Verantwortungsträgern aus Stadt, Kreis und Land waren darunter Vertreterinnen und Vertreter aus öffentlicher Verwaltung und Polizei, Gesundheits- und Sozialbranche, Bildungswesen sowie aus Wirtschaftsunternehmen und mittelständischen Betrieben der Region.

Christiane Redecke

In ihrer Begrüßung dankte Vorstandsvorsitzende Christiane Redecke all diesen Partnerinnen und Partnern der Stiftung: „Sie begleiten und unterstützen uns, sie bereichern und ergänzen unsere Arbeit.“ Angesichts der herausfordernden Zeiten, in denen Finanzen knapp sind, ärztliche Versorgung an ihre Grenzen kommt und Überforderung in Familien und Schulen keine Seltenheit ist, forderte sie Mut zu Reformen, die sich an den Realitäten orientieren, und Verantwortungsbewusstsein: „Ich bin fest davon überzeugt: Je entschiedener wir bereit sind, für unser Handeln einzustehen, desto freier und entwickelter wird unsere Gesellschaft sein. Was gibt es Besseres für uns und unsere Kinder?“

Bürgermeister Ivica Lukanic

Bürgermeister Ivica Lukanic nahm in seinem Grußwort Bezug auf den eingangs gezeigten Film: „Das hat uns eindrucksvoll vermittelt, wie wichtig und bedeutungsvoll die Arbeit der Stiftung ist.“ Auf seine Vorrednerin eingehend bestätigte er: „Wir müssen uns als Gesellschaft in vielen Bereichen neu erfinden.“ Dass er als Bürgermeister dazu bereit ist, verdeutlichte Lukanic, indem er die Zusammenarbeit mit der Mansfeld-Löbbecke-Stiftung in den letzten Jahren nachzeichnete. So sei die Ansiedlung des Hauptsitzes am Sozialcampus im Norden der Stadt in kürzester Zeit verwirklicht worden: „Das geht nur in Wolfenbüttel.“ An Joachim Gauck gewandt würdigte Lukanic dessen Engagement und klare Positionierung in gesellschaftlichen Fragen und dankte für den Eintrag ins goldene Buch der Stadt.

In seiner Festrede beschrieb Joachim Gauck das Leben zu Anfangszeiten der Stiftung. Die 1830er Jahre seien geprägt gewesen durch Armut, Hunger und Unzufriedenheit über die absolutistische Herrschaft im Herzogtum Braunschweig. Die Bürgerschaft sei selbstbewusster geworden und auch angesichts des Fehlens staatlicher Fürsorge „bereit, für sich selbst und andere Verantwortung zu übernehmen“. So auch Amalie Löbbecke und David Mansfeld: „Gemeinsam mit weiteren Bürgerinnen und Bürgern erkannten sie, dass es eine gesellschaftliche Not, die nicht zu übersehen war, zu lindern galt.“ Seither hätten sich die Aufgaben dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel angepasst. So sei aus der einstigen Pflegeanstalt für dürftige Kinder die heutige Mansfeld-Löbbecke-Stiftung geworden. „Was konstant blieb, war die Bereitschaft, solidarisch mit denen zu sein, die auf Unterstützung und Hilfe angewiesen sind.“

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck

Gesellschaftliches Engagement und Verantwortungsübernahme seien fundamental für unsere Demokratie – insbesondere in der heutigen Zeit voller Umbrüche und zunehmender Bedrohungen von außen und innen. Hier benannte Gauck den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, aber auch religiös und ideologisch motivierten Hass, der sich derzeit wieder gegen Jüdinnen und Juden richte. „Das dürfen wir nicht schweigend und duldend hinnehmen.“ Gesellschaftlicher Zusammenhalt entstehe vor allem dort, wo Menschen sich für- und miteinander engagieren. Davon lebe die liberale Demokratie. Das Beispiel der Mansfeld-Löbbecke-Stiftung zeige, wie aus einem kleinen ersten Schritt etwas Großes entstehen könne. Ermutigend sprach Gauck die Kinder des Orchesters auf der Bühne direkt an: „Glaubt daran, dass es besser wird, wenn wir in Beziehung zueinander leben, ob beim gemeinsamen Musizieren, im Jugendparlament oder später im Parlament.“ Unter großem Applaus verließ der ehemalige Bundespräsident die Bühne.

Fotos ©Philipp Ziebart

Die Schülerinnen und Schüler des Orchesters vom Gymnasiums im Schloss spielten noch eines von zwei Stücken, mit denen sie den Abend bereicherten, ehe ein Auftritt der Gruppe Rapflexion begeisterte. Im Stück „Das Leben ist eine Reise“ thematisierten die vier Betreuten aus der Mansfeld-Löbbecke-Stiftung ganz persönliche Sorgen und Wünsche. Christiane Redecke dankte Orchester und Rappern, bat Lukanic und Gauck noch einmal auf die Bühne, überreichte Blumen und Geschenke und lud alle Gäste zum Essen und Verweilen ein.
Im Foyer der Lindenhalle beeindruckten Malerei, Installationen und Projektionen des Braunschweiger Kreativforums Salm-Studio. Kunstpädagoge Kai-Peter Hain hatte mit Jugendlichen einen begehbaren Raum voller visueller und akustischer Eindrücke geschaffen – natürlich mit Bezug zu Geschichte und Gegenwart der Stiftung.

Ganz im Geiste der Stiftungsgründer, die Kindern in der entbehrungsreichen Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts wenigstens eine warme Mahlzeit am Tag zukommen lassen wollten, wurden am Rande der Veranstaltung noch Spenden für die Wolfenbütteler Tafel gesammelt.

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